Finanzrechtsweg – das Klageverfahren im Steuerrecht

Jedem unterlaufen einmal Fehler. Das gilt auch für Finanzbehörden. Der Bund der Steuerzahler schätzt, dass jeder fünfte Steuerbescheid nicht korrekt ist. Wer sich durch solche Fehler benachteiligt sieht, sollte Einspruch gegen den Steuerbescheid erheben. Durchschnittlich lassen sich rund zwei Drittel aller Einsprüche auch durchsetzen. In den allermeisten (Streit-)Fällen lohnt es sich also, einen Steuerbescheid nicht einfach hinzunehmen.

In meiner Tätigkeit als Rechtsanwalt für Steuerstreit ist der Einspruch nach § 347 Abgabenordnung (AO) der mit Abstand häufigste Rechtsbehelf gegen Entscheidungen einer Finanzbehörde. In den beiden verlinkten Artikeln („Einspruch gegen den Steuerbescheid“ sowie „Rechtsbehelf“) finden Sie ausführliche Informationen zum Vorgehen im außergerichtlichen Steuerstreitverfahren. Selbstverständlich stehe ich Ihnen als Anwalt für Steuerrecht auch jederzeit für ein Beratungsgespräch zur Verfügung.

Auf dieser Seite geht es um die Frage, welche Möglichkeiten Ihnen bleiben, wenn der Rechtsbehelf keinen Erfolg hat. Das Gesetz sieht hierfür den Klageweg zu den Finanzgerichten vor. Das gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren (die Klage) kann jedoch immer erst eingeleitet werden, wenn zuvor das außergerichtliche Steuerstreitverfahren bestritten wurde, der Einspruch jedoch (auch teilweise) erfolglos blieb.

Der Instanzenzug der Finanzgerichtsbarkeit

Der Instanzenzug der Finanzgerichtsbarkeit

Während für Strafrechtsverfahren im Regelfall ein dreistufiger Instanzenzug vorgesehen ist, ist die Finanzgerichtsbarkeit lediglich zweistufig aufgebaut:

  • Wird ein Einspruch gegen eine Entscheidung einer Finanzbehörde abgelehnt, kann der Betroffene dagegen Klage beim zuständigen Finanzgericht erheben. Gemäß § 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) wurden in Bundesländern Finanzgerichte errichtet. Derzeit gibt es in Deutschland insgesamt 18 Finanzgerichte, da einige Bundesländer mehrere Finanzgerichte unterhalten (NRW etwa in Düsseldorf, Köln und Münster), während sich Berlin und Brandburg ein gemeinsames Finanzgericht in Cottbus teilen. Die Finanzgerichte entscheiden als Tatsacheninstanz. Die in anderen Gerichtszweigen übliche Berufungsinstanz sieht das Steuerrecht nicht vor. Den Finanzgerichten kommt damit der Status eines Oberlandesgerichts zu.
  • Wer mit Entscheidungen des Finanzgerichts nicht einverstanden ist, dem bleibt als letzte Instanz der Bundesfinanzhof in München. Der Bundesfinanzhof entscheidet zudem über Beschwerden gegen Entscheidungen des Finanzgerichts, etwa dann, wenn das Finanzgericht die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen hat (sog. Nichtzulassungsbeschwerde nach § 116 FGO).

Das Bundesverfassungsgericht sowie der Europäische Gerichtshof (EUGH) entscheiden zwar immer wieder auch über Sachverhalte des Steuerrechts, beide gehören jedoch nicht zum Instanzenzug der Finanzgerichtsbarkeit. Sie stehen dem Steuerbürger daher in aller Regel nicht für den Klageweg zur Verfügung.

Verfahrensablauf vor dem Finanzgericht

Das Finanzgerichtsverfahren wird nur auf Antrag des Bürgers eingeleitet. Finanzgerichte werden also nicht „von sich aus tätig“. Es bedarf einer formellen Klageschrift. Diese muss bestimmten Anforderungen entsprechen. Kläger und Beklagte müssen benannt, das Klagebegehren (die Klageart) bezeichnet werden. Zudem muss der Bescheid der Finanzbehörde sowie deren Einspruchsentscheidung einsehbar sein (Kopien genügen). Die Klageschrift muss eigenhändig unterschrieben werden und sollte zudem in doppelter Ausführung eingereicht werden, da Fotokopien die Gerichtskosten unnötig in die Höhe treiben. Die Finanzgerichtsordnung (FGO) kennt folgende Klagearten:

  • Anfechtungsklage (§ 40 FGO): sie zielt auf die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsaktes (also Änderung oder Aufhebung von Steuer-, Feststellungs-, Haftungs- oder Zinsbescheide oder Festsetzungen von Prüfungsanordnungen oder Verspätungszuschlägen). Im für den Kläger günstigsten Fall hebt das Finanzgericht den Verwaltungsakt auf.
  • Verpflichtungs- bzw. Leistungsklage (§ 40 FGO): sie zielt darauf, eine Finanzbehörde dazu zu bringen, etwa zu tun, etwas zu dulden oder etwas zu unterlassen. Typischerweise geht es in der Regel darum, einen Verwaltungsakt zu erlassen, etwa den Einspruch gegen einen Steuerbescheid zuzulassen.
  • Feststellungsklage (§ 41 FGO): sie zielt auf die Klärung der Frage, ob ein Rechtsverhältnis überhaupt besteht, oder ob ein Verwaltungsakt als nichtig erklärt werden kann (etwa weil eine Zahlungsverpflichtung erloschen ist). Die Feststellungsklage ist nur dann zulässig, wenn der Kläger seine Rechte nicht durch eine Anfechtungs- oder Leistungsklage durchsetzen konnte.

Klagefrist und Rechtsschutz in Eilfällen

Für die Anfechtungs- sowie Leistungsklagen gilt eine Klagefrist von einem Monat nach Zustellung des Bescheides. Bei unverschuldetem Versäumen sieht Bei unverschuldetem Versäumen sieht § 56 FGO vor, den Ablauf der Klagefrist neu anzusetzen. Die Feststellungsklage ist an keine Frist gebunden.

In dringenden Fällen, etwa wenn das Finanzamt die Steuerforderung mit einer Pfändung des Bankguthabens vollstrecken will, kann ich für Sie auch einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beantragen. Dadurch kann die Aussetzung der Vollziehung erreicht werden.

Die Untätigkeitsklage

In vielen Finanzämter fehlt Personal. Dadurch kommt es vor, dass die Finanzbehörde Einsprüche über einen längeren Zeitraum hinweg nicht bearbeitet. Als zumutbare Bearbeitungszeit wird den Behörden gewöhnlich ein Zeitraum von sechs Monaten zugestanden. Wer vor dem Finanzgericht die Behörde dazu bringen will, („endlich“) über den Rechtsbehelf zu entscheiden, kann seine Untätigkeitsklage frühestens sechs Monate nach Abgabe des Einspruches erheben. Diese sechs Monate sind jedoch nicht als starre Frist zu verstehen. Im Einzelfall wird jeweils geprüft, ob sie auch angemessen ist.

Revision vor dem Bundesfinanzhof

Der Bundesfinanzhof (BFH) ist zuständig für die Revision von Urteilen des Finanzgerichts (sowie Entscheidungen der Finanzbehörden, die Urteilen des Finanzgerichts gleichstehen). Zudem können Beschwerden gegen Entscheidungen der Finanzgerichte an den BFH herangetragen werden. Revisionen sind gemäß § 115 FGO stets dann zuzulassen, wenn

  • die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
  • die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert
  • ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann

Die Revision muss in der Entscheidung des Finanzgerichtes zugelassen sein. Ist dies nicht der Fall, kann gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde beim BFH erhoben werden. Für Klagen vor dem Bundesfinanzhof gilt Vertretungszwang. Als Prozessbevollmächtigte kommen Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder auch vereidigte Buchprüfer in Betracht.

Vor den Finanzgerichten besteht zwar kein Anwaltszwang, dennoch empfiehlt es sich, einen Anwalt mit der Wahrung ihrer Rechte zu beauftragen. Als Anwalt für Steuerrecht vertrete ich Ihre Interessen auch vor den Finanzgerichten oder dem BFH. Auf Basis dieser Kenntnisse konzipiere ich eine passende Strategie für Sie, um Ihnen Ihr Recht vor Gericht zu erstreiten.