Korruptionsdelikte – Bestechung, Bestechlichkeit, Vorteilsannahme und -gewährung

Steht der Verdacht der Korruption im Raum, hat das mitunter weitreichende Folgen. Ein prominentes Beispiel dafür ist der Fall des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Bei ihm führte bereits die Eröffnung des Strafverfahrens wegen Vorteilsannahme dazu, dass er von seinem Amt zurücktreten musste. Ein Staatsoberhaupt, das in eine Korruptionsaffäre verwickelt ist, galt (und gilt sicher noch immer) in der Öffentlichkeit als nicht tragbar.

Dass Christian Wulff vor Gericht später freigesprochen wurde, ändert für die meisten nichts an dieser Sicht. Der Korruption haftet eben etwas zutiefst Unmoralisches an und ist daher immer geeignet, um Empörung zu erzeugen. Für die Beschuldigten ist die Rufschädigung, die Korruptionsdelikte fast immer begleiten, meist folgenreicher als die strafrechtlichen Konsequenzen.

Das Strafgesetzbuch selbst vermeidet den Begriff Korruption aus gutem Grund: Eine normative Rechtsdefinition des Begriffs scheint nahezu unmöglich. Schon der Versuch, das zu schützende Rechtsgut für alle in Betracht kommenden Schäden von Korruptionsdelikten einheitlich zu definieren, muss scheitern. Bildlich gesprochen, kann die Korruption eben viele Gesichter annehmen. Dennoch lassen sich einige allgemeine Merkmale für strafrechtlich relevante Korruptionsdelikte nennen:

  • Missbrauch eines Amtes, eines Mandats oder einer Funktion in der Wirtschaft
  • Handlung in Eigeninitiative oder auf Veranlassung von Dritten, um für sich oder Dritte materielle oder immaterielle Vorteile zu erlangen
  • Inkaufnahme eines Schadens oder Nachteils für die Allgemeinheit oder für ein Unternehmen

Straftatbestände des Korruptionsstrafrechts

Die Korruptionsdelikte des Strafgesetzbuches lassen sich grob einteilen in

  1. Amtsdelikte nach §§ 331 – 335 StGB, die Korruption von Amtsträgern unter Strafe stellen
  2. Wirtschaftsdelikte nach § 299 StGB („Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr“ – Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe) und § 300 StGB („Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr“ – drei Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe), die sich auf korruptes Verhalten von Angestellten und Beauftragten von Unternehmen beziehen).

§ 108b StGB (Wählerbestechung) und § 108e StGB (Abgeordnetenbestechung) werden ebenfalls zu den Korruptionsdelikten gezählt. Hinzukommen Begleitdelikte, die häufig im Zuge von Korruptionsdelikten auftreten wie

  • Unterschlagung im Amt oder Dienst (§ 246 StGB)
  • Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB)
  • Geldwäsche (§ 261 StGB)
  • Betrug (§ 263 StGB)
  • Subventionsbetrug (§ 264 StGB)
  • Untreue (§ 266 StGB)
  • Urkundenfälschung bzw. Urkundendelikte (§§ 267 ff. StGB)
  • Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen (§ 298 StGB)
  • Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b StGB)
  • Steuerhinterziehung (§ 370 AO)

Hauptform der Korruption: Bestechung

Die genannten Korruptionsdelikte beschäftigen sich im Wesentlichen mit Bestechung. Diese kann charakterisiert werden als ein „regelwidriger Tausch von Vorteilen“ (siehe Handbuch Wirtschaftsstrafrecht). Bestechung lässt sich auf diese Weise beschreiben als ein Tauschgeschäft zwischen einem Vorteilsgeber und einem Vorteilsnehmer.

Wer kommt als Täter in Frage?

Mögliche Täter eines Korruptionsdelikts können sowohl die Vorteilsgeber als auch die Vorteilsnehmer sein. Als Vorteilsgeber kann prinzipiell jeder in Frage kommen, der einen Vorteil gewährt. Der Kreis der Vorteilsnehmer hingegen ist je nach Tatbestand eingeschränkt. So können bei der Vorteilsannahme nach § 331 StGB und Bestechlichkeit nach § 332 StGB nur „Amtsträger“ Täter sein.

„Amtsträger“ sind nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB Beamte oder Richter sowie Personen, die einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen oder dazu bestellt sind, in einer Behörde, in der öffentlichen Verwaltung oder einer sonstigen Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen, auszuführen oder zu erfüllen.

Auch bei Korruptionsfällen in Unternehmen ist der Täterkreis der Vorteilsnehmer eingeschränkt. Täter können nach § 299 Abs. 1 StGB nur „Angestellte oder Beauftragte eines geschäftlichen Betriebes“ sein. Als Beauftragte gelten alle, die berechtigt sind, für den Betrieb geschäftlich zu handeln, ohne Angestellter oder Inhaber zu sein (z. B. ein auf Provision tätiger Verkäufer). Geschäftsinhaber scheiden nach § 299 Abs. 1 StGB als Täter damit aus.

Was gilt als unrechtmäßiger Vorteil?

Die Rechtsprechung des BGH bemüht regelmäßig folgende Formel zur Charakterisierung von Vorteilen bei Korruptionsdelikten:

Ein Vorteil ist jede Leistung, auf die der Leistungsempfänger keinen Rechtsanspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage unmittelbar objektiv verbessert.

Die Vorteile können damit sowohl materieller als auch immaterieller Natur sein. Geld, Einladungen zum Essen oder zu Veranstaltungen kommen ebenso als Vorteile in Frage wie etwa Ehrungen, Posten oder sexuelle Zuwendungen. Wann solche Vorteile unrechtmäßig sind, muss im Einzelfall entschieden werden.

Beispiel: Ein Staatsanwalt lässt sich bei einem Bagatelldelikt auf die Einstellung des Verfahrens ein, verlangt vom (nicht vorbestraften) Beschuldigten dafür jedoch eine Zahlung an eine gemeinnützige Organisation. Abstrakt betrachtet könnte man darin eine Vorteilsannahme für Dritte (die Hilfsorganisation) sehen. In der Praxis wird man darin jedoch eine sinnvolle und für alle Seiten gewinnende Diensthandlung erkennen.

Was kennzeichnet die Tathandlung der Bestechung?

Die Tathandlungen von § 299 StGB und §§ 331 ff. StGB beziehen sich auf die gleichen Verhaltensweisen: Der Nehmer fordert einen Vorteil, lässt ihn sich versprechen und nimmt ihn an. Umgekehrt bietet der Geber einen Vorteil an, verspricht und gewährt ihn. Die Tathandlung vollzieht sich also immer in drei Schritten und im Wechselspiel zwischen Nehmer und Geber:

  • Fordern bzw. anbieten eines Vorteils
  • Sich einen Vorteil versprechen lassen bzw. ihn versprechen
  • Gewähren bzw. annehmen eines Vorteils

Entscheidend für die Qualifikation als Korruptionsdelikt ist, dass für die Vorteilsannahme eine Gegenleistung erfolgt. Vorteilsannahme und Gegenleistung müssen also einander bedingen. Ob die Gegenleistung dann tatsächlich erfolgt, spielt für die Qualifikation als Korruptionsdelikt jedoch keine Rolle. Wesentlich für Korruptionsdelikte ist, dass sich beide Seiten auf eine Unrechtsvereinbarung verständigt haben.

Die Gleichung „Geschenk = Bestechung“ geht nicht auf

Aus dem isolierten Vorliegen eines Vorteils und einer (Gegen-)Leistung, lässt sich nach gängiger Meinung kein Korruptionsdelikt begründen. Gerade im Geschäftsleben gehören Aufmerksamkeiten wie das Angebot einer Tasse Kaffee oder auch das Verteilen von Werbegeschenken zum üblichen Geschäftsgebaren. Allerdings wurden die Grenzen der gesellschaftlichen Toleranz gegenüber solchen Austauschverhältnissen in den letzten Jahren immer dichter gezogen.

Werden Geschäftspartnern Vorteile gewährt, löst häufig allein die Publikation dieser Vorteile in der Öffentlichkeit negative Reaktionen aus. Daher ist es mittlerweile in Unternehmen üblich, Compliance-Regeln für alle Mitarbeiter aufzustellen. Sollten Sie hierzu Fragen haben, beantworte ich Ihnen diese gerne im Rahmen einer Compliance Beratung.

Was tun, wenn gegen Sie wegen des Verdachts der Korruption ermittelt wird?

Aufgrund der Komplexität von Korruptionsdelikten und auch der zu erwartenden Strafen sollten Sie möglichst unverzüglich einen auf Wirtschaftsstrafrecht spezialisierten Rechtsanwalt beauftragen. Machen Sie gegenüber der Polizei oder der Staatsanwaltschaft keine Aussagen, ohne diese vorab mit Ihrem Rechtsanwalt besprochen zu haben. Als Ihr Anwalt beantrage ich Akteneinsicht und erarbeite auf dieser Grundlage eine erfolgreiche Verteidigung.