Ob mit Beleidigungen, Verleumdung oder übler Nachrede – auch mit Worten, Gesten, Taten (anspucken, ohrfeigen etc.) oder anderen Kundgebungen wie Bildern, Plakaten oder Filmen kann der Ehre und dem Ansehen von anderen Personen Schaden zugefügt werden. Wer andere herabwürdigt, Rufschädigung oder gar Rufmord betreibt, muss daher damit rechnen, dafür auch gerichtlich bestraft zu werden. Je nach Art und Schwere des Vergehens reicht das Strafmaß von einer Geldstrafe bis hin zu Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren.
Die sogenannten Ehr- bzw. Beleidigungsdelikte nach §§ 185 ff. StGB sind:
- Beleidigung nach § 185 StGB, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft wird. Wird die Beleidigung mit einer Tätlichkeit begangen, erhöht sich das Strafmaß auf bis zu zwei Jahre oder eine Geldstrafe.
- Üble Nachrede nach § 186 StGB, die mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bzw., wenn die „Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften“ begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird.
- Verleumdung nach § 187 StGB, die mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bzw., wenn die Tat „öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften“ begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft wird.
- Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des öffentlichen Lebens nach § 188 StGB, die im Fall der Beleidigung mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bzw. im Fall der Verleumdung mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft wird.
- Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird.
Einige ergänzende Vorschriften sowie Qualifikationen runden die Ehrdelikte im 14. Abschnitt des Strafgesetzbuches (§ 185 – § 200 StGB) ab. Alle Beleidigungsdelikte sind absolute Antragsdelikte. Verfolgt werden sie daher im Regelfall nur auf Antrag des Geschädigten.
Wann handelt es sich um strafbare Beleidigungen nach § 185 StGB?
Durch welche Worte, Gesten oder Taten sich jemand in seiner Ehre angegriffen fühlt, hängt – wie wir alle aus Erfahrung wissen – vom Einzelnen ab: Was den einen auf die Palme bringt, ringt dem anderen gerade einmal ein müdes Lächeln ab. Ob sich jemand einer Beleidigung, Verleumdung oder der üblen Nachrede nach §§ 185 ff. StGB strafbar macht, hängt daher auch nicht vom subjektiven Gefühl des Beleidigten ab. Der Gesetzgeber hat an den Tatbestand vielmehr eine Reihe von Bedingungen und Voraussetzungen geknüpft.
Wer kann im Sinne der §§ 185 ff. StGB beleidigt werden?
Tiere, Gegenstände, aber auch Verstorbene sind im strafrechtlichen Sinne keine Subjekte, die beleidigt werden können. Schließlich ist das mit den Beleidigungsdelikten nach §§ 185 ff. StGB geschützte Rechtsgut die Ehre einer Person (oder eines Personenkreises). Geschützt werden soll sowohl die „innere“, personale Ehre einer Person (das „Ehrgefühl“) als auch deren sozialer Geltungswert (der „Ruf“).
Als ehrverletzend gelten können dabei Äußerungen oder Handlungen (Gesten, Zeichnungen etc.) zu einer Person, die das Ziel verfolgen, diese mit Nichtachtung, Missachtung oder Geringschätzung herabzuwürdigen. Beleidigungsfähig nach §§ 185 ff. StGB sind:
- Alle lebenden („natürlichen“) Personen: vom Säugling über Kinder, Erwachsene und Greise bis hin zu Geisteskranken oder Dementen.
- Personenmehrheiten – das allerdings nur, sofern sie eine rechtlich anerkannte Funktion erfüllen und einen einheitlichen Willen bilden können. Personenmehrheiten in diesem Sinne sind beispielsweise Gerichte, Parteien oder Vereine. Äußerungen wie „Soldaten sind Mörder“ oder die Verwendung der Abkürzung ACAB („All Cops are bastards“) sind dagegen laut Bundesverfassungsgericht nicht strafbar, solange sie sich nicht auf konkret abgrenzbare Personengruppen beziehen. Es handelt sich vielmehr um Äußerungen allgemeiner Natur, die durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach Art. 5. Abs. 1 GG in aller Regel gedeckt sind.
- Einzelpersonen, die durch Kollektivbezeichnungen beleidigt werden: Der typische Fall dafür ist die kollektive Verurteilung einer bestimmten Familie – „die Hempels aus der Hauptstraße sind alle Verbrecher.“
Formen der Beleidung
Beleidigungen nach § 185 StGB können in unterschiedlicher Form erfolgen:
- gegenüber dem Betroffenen selbst
- oder gegenüber Dritten
In beiden Fällen gehört es zu den Voraussetzungen des Tatbestands, dass die Beleidigung von den Betroffenen bzw. Dritten zur Kenntnis genommen werden konnte und der Sinn zu erfassen war.
Eine weitere Voraussetzung für den Tatbestand eines Beleidigungsdelikts ist, dass es sich bei der Kundgabe entweder um eine Tatsachenbehauptung oder um ein Werturteil gehandelt haben muss.
Tatsachenbehauptungen
Tatsachenbehauptungen sind Äußerungen, deren Gehalt nachprüfbar ist: Sie besitzen „Substanz“, sind entweder wahr oder falsch. Ist A. ein verurteilter Dieb, wäre die Behauptung „A ist ein Dieb“ keine Beleidigung und damit auch nicht strafbar. Gibt es jedoch keine Beweise dafür, könnte die gleiche Behauptung als Beleidigung (und wahrscheinlicher noch als eine üble Nachrede nach § 186 StGB oder Verleumdung nach § 187 StGB) qualifiziert werden.
Werturteile
Aber auch Werturteile (Meinungen) können beleidigend sein. Diese sind substanzarm, nicht objektiv nachprüfbar und haben damit scheinbar den Charakter einer reinen Meinungsäußerung. Wer die Nachbarin als „alte Ziege“ bezeichnet, wird dies in aller Regel allerdings in herabwürdigender, ehrverletzender Absicht tun. Gerade beim Werturteil kommt es daher auf den Kontext an, in der die Äußerung fiel, um zu klären, ob es sich tatsächlich um eine Beleidigung handelt. Ehrverletzende Meinungen sind stets nach § 185 StGB als Beleidigungen zu prüfen.
Nicht immer sind Tatsachenbehauptungen von Werturteilen eindeutig und auf den ersten Blick voneinander zu trennen. Nach welchem Beleidigungsdelikt dann zu prüfen ist, hängt vom Schwerpunkt der Äußerung ab.
Die Beleidung nach § 185 StGB erfordert vorsätzliches Handeln
Vorsätzliches Handeln bedeutet, der Täter weiß, dass er sich nicht rechtens verhält und nimmt den Eintritt der Tatverwirklichung billigend in Kauf (dolus eventualis). Der Beleidiger weiß also, dass er seine Missachtung, Nichtachtung oder Herabwürdigung ausdrückt und der andere dies auch wahrnimmt.
Sonderfall: Familie und enge Freunde
Nach gängiger Rechtsauffassung gibt es aber auch so etwas wie eine „beleidigungsfreie Sphäre„: Wer in der Familie oder im Privatkreis über nicht Anwesende lästert und sie dabei beleidigt, macht sich nicht strafbar nach § 185 StGB. Zumindest, wenn er sicher sein kann, dass diese Person nichts über die Beleidigung erfährt.
Üble Nachrede nach § 186 StGB
Um üble Nachrede nach § 186 StGB handelt es sich, wenn der Täter gegenüber einem Dritten etwas behauptet, was die von der Äußerung betroffene Person verächtlich macht oder in der öffentlichen Meinung herabsetzt. Ein typisches Beispiel dafür ist das Verbreiten eines Gerüchts, sofern der Täter dieses so darstellt, als sei das Behauptete seine eigene Überzeugung. Eine Qualifikation der üblen Nachrede ist das öffentliche Verbreiten ehrenrühriger Tatsachen und wird härter bestraft.
Bei der üblen Nachrede muss der Täter im Übrigen beweisen können, dass seine Behauptung wahr ist. Kann er das nicht, gilt der Straftatbestand als erfüllt. Es reicht daher nicht, dass der Täter für seine Behauptung Indizien nennen kann. Der ansonsten für das Strafgesetzbuch so wichtige Grundsatz in dubio pro reo gilt für § 186 StGB daher nicht.
Verleumdung nach § 187 StGB
Verleumdung unterscheidet sich von der üblen Nachrede zwar nur in einem Punkt, der aber ist augenscheinlich wesentlich: Obwohl die getätigte Behauptung unwahr ist, stellt der Täter sie wider besseren Wissens als wahr dar. Der Täter bedient sich bei der Verleumdung zudem absichtlich (dolus directus 1. Grades), also wissentlich und gewollt, der Unwahrheit.
Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens nach § 188 StGB
Gegen „die da oben“ wurde schon immer gerne gelästert. In einer Demokratie müssen Politiker mit Kritik leben. Dass diese Kritik häufig (weit) über das Ziel hinausschießt, weiß jeder, der schon einmal einem Stammtisch zugehört hat. Schnell fallen im Eifer des Gefechts Äußerungen, die für den Politiker beleidigend sind.
Will dieser sich gegen üble Nachrede und Verleumdung zur Wehr setzen, handelt es sich nach § 188 StGB um einen eigenen Straftatbestand. Das liegt vor allem daran, dass der Gesetzgeber hier dem in der Öffentlichkeit stehenden Politiker auch eine höhere Duldungspflicht gegenüber vermeintlich ehrverletzenden Äußerungen auferlegt. Voraussetzung für eine Strafe nach § 188 StGB ist, dass die üble Nachrede bzw. Verleumdung des Politikers dazu geeignet ist, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren.
Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB
Wie oben beschrieben, zählen nur lebende Personen zum Kreis jener, die beleidigt werden können. Daher können Verstorbene an sich auch nicht beleidigt werden. Vom Recht geschützt wird allerdings das Andenken des Verstorbenen. Dieses wird nach herrschender Meinung nicht durch eine bloße Beleidigung verunglimpft. Auch hier kommt es aber immer auf den Kontext und den Einzelfall an.
Vergeht sich der Täter in tätlicher Weise am Leichnam, ist regelmäßig nach § 189 StGB zu prüfen. Möglich ist auch eine kollektive Verunglimpfung von Verstorbenen wie etwa bei der Holocaustleugnung.
Beamtenbeleidigung ist kein eigener Straftatbestand
Im Volksmund erfreut sich der Begriff „Beamtenbeleidigung“ zwar einiger Popularität, dennoch ist sie kein eigener Straftatbestand. (Anders in Frankreich, dort gibt es ein eigenes Gesetz, dass die Beleidigung von Staatsdienern unter Strafe stellt). Beamte können jedoch wie alle anderen Bürger auch, Strafanzeige und Strafantrag wegen Beleidigung nach § 189 StGB stellen.
Eine Besonderheit gibt es für Staatsdiener dennoch: Nach § 194 Abs. 3 kann im Fall der Beleidigung gegen einen Amtsträger nicht nur der Betroffene selbst, sondern auch dessen Dienstvorgesetzter Anzeige und den für die Verfolgung notwendigen Strafertrag erstatten.
Was tun, wenn Ihnen Beleidigung nach § 186 StGB vorgeworfen wird?
Wenden Sie sich am besten unverzüglich an einen versierten Anwalt für Strafrecht. Vereinbaren Sie dazu einfach ein unverbindliches Beratungsgespräch mit mir. Als Ihr Anwalt kann ich Akteneinsicht beantragen und auf dieser Grundlage eine erfolgsversprechende Verteidigung planen. Häufig stehen die Chancen recht gut, bereits während des Ermittlungsverfahrens eine Einstellung zu erreichen.
Vor allem die Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 193 StGB bietet der Verteidigung oft erfolgversprechende Ansätze. Demnach sind
- „tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen“,
- aber auch „Vorhaltungen und Rügen“ von Vorgesetzten gegen Untergegeben,
- „dienstliche Anzeigen oder Urteile seitens eines Beamten“
- sowie nicht zuletzt „Äußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen“
nur dann strafbar, wenn die Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen klar hervorgeht.
Wer vor Gericht einen Richter als „Drecksau“ beleidigt, wird dementsprechend mit einer Verurteilung wegen Beleidigung nach § 185 StGB rechnen müssen. Drückt er seinen Unwillen dagegen gewählter aus, hat er bessere Aussichten darauf, straffrei auszugehen. So wie der Anwalt, der gegenüber einer Richterin äußerte, sie habe „postpubertär wirkende Rachegelüste und sei entweder heillos überfordert oder maßlos arrogant„. Das Amtsgericht Augsburg sah darin keine Beleidigung (AG Augsburg, 16.12.2015 19, Cs 400 Js 120055/15).