In geeigneten Fällen werde ich auch als Pflichtverteidiger in Berlin und Brandenburg tätig. Im Folgenden gebe ich Ihnen einen Überblick zu häufig gestellten Fragen zum Thema Pflichtverteidigung, die sich immer wieder im Rahmen meiner Tätigkeit stellen.
Was ist ein Pflichtverteidiger?
Ein Pflichtverteidiger ist ein Rechtsanwalt, der dem Beschuldigten von einem Gericht beigeordnet wird. Dies tritt immer dann ein, sobald ein Fall von sogenannter notwendiger Verteidigung vorliegt (mehr dazu unten).
Vorwiegend US-Krimis ist es wohl zu verdanken, dass sich Viele ein falsches Bild von Pflichtverteidigern machen. Völlig falsch ist etwa die Vorstellung, es gäbe Pflichtverteidiger, die quasi als Angestellte der Staatsanwaltschaft oder der Gerichte tätig sind. Die Pflichtverteidigung ist keine anwaltliche Berufsspezifizierung.
Prinzipiell kann jeder Anwalt als Pflichtverteidiger bestellt werden. Die Gerichte führen dazu Listen, in die sich jeder Anwalt eintragen lassen kann. Wählt ein Beklagter seinen Anwalt selbst, spricht man vom Wahlverteidiger. Das „Pflicht“ in Pflichtverteidiger zielt also lediglich darauf ab, dass der anwaltliche Beistand nicht vom Beschuldigten selbst gewählt, sondern vom Gericht bestellt wurde, weil die Klage und das mit ihr verbundene Verfahren eine rechtsanwaltliche Verteidigung verlangt.
Ein Pflichtverteidiger unterscheidet sich im Prinzip daher weder in seiner Ausbildung noch seinem beruflichen Werdegang von einem Wahlverteidiger. Individuelle Unterschiede durch Charakter, Herkunft oder Fachspezialisierung sind davon natürlich ausgenommen. Ein engagierter Pflichtverteidiger wird ebenso gut verteidigen, wie ein gewählter und vom Mandanten bezahlter Rechtsanwalt. Das jedenfalls gebietet die Berufsehre.
In welchen Fällen kann einem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger zur Seite gestellt (beigeordnet) werden?
Nicht in allen Fällen, in denen sich jemand einem strafrechtlichen Vorwurf gegenübersieht, stellt ihm der Staat einen Rechtsanwalt zur Seite. Die von den bereits angesprochenen US-Filmen genährte Vorstellung, ein Pflichtverteidiger sei eine Art „Armen-Anwalt“ ist falsch. Es kommt nicht darauf an, ob der Beschuldigte einen Rechtsanwalt bezahlen kann oder nicht. Vielmehr sind es sachliche Gründe, die eine Pflichtverteidigung auslösen.
Im Juristendeutsch wird von Beiordnungsgründen gesprochen. Diese ergeben sich aus § 140 StPO. Ein Pflichtverteidiger wird unter anderem dann beigeordnet, wenn
- eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr droht (bspw. bei schwerem Betrug nach § 263 StGB)
- die erstinstanzliche Gerichtsverhandlung vor dem Landgericht oder Oberlandesgericht stattfindet (bspw. bei Tötungsdelikten nach §§ 211, 212 StGB)
- dem Mandanten ein Verbrechen vorgeworfen wird (bspw. Raub nach § 249 StGB)
- das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann
- der Beschuldigte untergebracht werden muss, um ein Gutachten über seinen psychischen Zustand zu erstellen
- gegen den Beklagten ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird
- gegen den Mandanten (Untersuchungs-)Haft vollstreckt wird
- ein Wahlverteidiger von der Hauptverhandlung ausgeschlossen wird und kein neuer Wahlverteidiger auftritt
- oder die Sach- oder Rechtslage schwierig ist.
Ist der Pflichtverteidiger für den Beschuldigten kostenlos?
Der Pflichtverteidiger vertritt seinen Mandanten, ohne dass dieser ihn zuvor bezahlen muss, denn mit der Beiordnung zum Pflichtverteidiger bekommt der Rechtsanwalt einen Anspruch auf Bezahlung durch den Staat (z.B. die Landeskasse Berlin). Er erhält allerdings eine Vergütung, die unterhalb der „normalen“ Vergütung liegt.
Dass der Rechtsanwalt erst einmal vom Staat bezahlt wird, heißt aber nicht, dass der Pflichtverteidiger für den Beschuldigten immer vollkommen kostenlos ist. Sollte der Mandant verurteilt werden, so hat dieser nach der Strafprozessordnung die Kosten des Verfahrens zu tragen. Dazu gehören auch die Gebühren, die die Staatskasse an den Pflichtverteidiger zahlten. Allerdings kann der Verurteilte diese Kosten zumeist in Raten zahlen. In Einzelfällen werden die Verfahrenskosten auch „niedergeschlagen“. Das bedeutet, dass in diesem Fall nichts zu zahlen ist.
Kann ein Pflichtverteidiger über Prozesskostenhilfe finanziert werden?
Nein. Es gibt keine Möglichkeit einen Strafverteidiger über Prozesskostenhilfe zu finanzieren. Für den Bereich des Strafrechts ist das sog. „Armenrecht“ nicht anwendbar. Eine Pflichtverteidigung kommt nur dann in Betracht, wenn einer der genannten Beiordnungsgründe vorliegt.
Das sollte Sie aber nicht davon abschrecken, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren. Denn in den meisten Fällen wird sich eine für Sie akzeptable Lösung, bspw. eine Ratenzahlungsvereinbarung, finden lassen. Wichtig ist, dass Sie sich so früh wie möglich an einen auf Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt wenden.
Kann ein Beschuldigter einen Pflichtverteidiger auswählen?
Ja. Ein Beschuldigter hat grundsätzlich das Recht, sich seinen Pflichtverteidiger selbst auszuwählen. Die Auswahl muss aber schnell erfolgen, denn diese Möglichkeit besteht nur so lange, bis das Gericht einen anderen Rechtsanwalt zum Pflichtverteidiger bestellt hat. Ist erst einmal ein anderer Rechtsanwalt bestellt, so ist es sehr schwierig, diesen „auszuwechseln“. Sofern Sie Ihren Pflichtverteidiger ablehnen, sollten Sie dies daher unverzüglich dem Gericht mitteilen, am besten direkt durch einen von Ihnen ausgesuchten Pflichtverteidiger.
Sollten Sie also vom Gericht mit Zustellung einer Anklageschrift aufgefordert worden sein, „innerhalb von zwei Wochen einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu benennen“, zögern Sie nicht und rufen Sie den Anwalt Ihres Vertrauens an, damit dieser sich für Sie melden kann. Ansonsten wird das Gericht einen Rechtsanwalt bestellen, den Sie unter Umständen nicht kennen und dem Sie nicht vertrauen.
Sie wohnen nicht in Berlin, möchten aber einen Pflichtverteidiger aus Berlin beauftragen. Geht das?
Ja, das ist kein Problem. § 142 StPO räumt Beschuldigten eindeutig die Wahl ein, Ihren Verteidiger selbst zu wählen. In der Praxis genehmigen etwa die Gerichte in Brandenburg die Beiordnung eines Pflichtverteidigers aus Berlin problemlos. Die Gerichte erachten die Fahrtkosten für Hin- und Rückfahrt zwischen Berlin und den 25 Amtsgerichten sowie vier Landgerichten in Brandenburg in der Regel als vertretbar. Anders sieht das häufig für Verfahren in den weiter entfernt liegenden Bundesländern aus. Hier wird ein Berliner Pflichtverteidiger oft nur dann beigeordnet, wenn der Beklagte die Fahrtkosten des Anwalts übernimmt.
Rufen Sie mich gerne an und vereinbaren Sie einen unverbindlichen und kostenlosen Besprechungstermin. Ich berate Sie gerne zu Fragen der Pflichtverteidigung.