Die Weitergabe von Vermögen nach dem Tod eines Menschen ist so alt wie die menschliche Zivilisation selbst. In Deutschland regelt die Erbschaftssteuer bzw. das Erbschaftsteuergesetz (ErbStG), wann und wieviel Steuer auf das Erbe anfällt. Die Besteuerung des Erbes dient dazu, einen gerechten Ausgleich zwischen den wirtschaftlichen Interessen der Erben einerseits und dem Steueraufkommen des Staates andererseits zu schaffen. Denn nicht alles, was man erbt, gehört einem ohne Abzüge.
Höhe der Erbschaftssteuer in Deutschland
Die Höhe der Erbschaftssteuer richtet sich nach dem Wert des Erbes und der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Steuerklasse. Die Steuerklasse richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad zwischen Erblasser und Erben. Zu beachten ist, dass es im Kontext der Erbschaftssteuer je nach Steuerklasse Freibeträge bis zu einer bestimmten Summe gibt.
Steuerklassen aus dem Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) (Stand 2023)
In der Erbschaftssteuer unterscheidet man momentan zwischen drei Steuerklassen, die unterschiedlich besteuert werden. Die Steuerklassen werden folgendermaßen definiert:
- Steuerklasse 1: Hierunter fallen Ehepartner bzw. Lebenspartner in einer eingetragenen Partnerschaft, Kinder und Enkelkinder, Stief- und Adoptivkinder sowie Groß- bzw. Urgroßeltern.
- Steuerklasse 2: Betrifft Geschwister, Neffen und Nichten sowie Stiefeltern und Schwiegerkinder des Erblassers.
- Steuerklasse 3: Bezieht sich auf alle anderen Erwerber des Erbes.
Die unterschiedlichen Steuerklassen werden folgendermaßen besteuert:
Wert des Erbes bis… | Steuersatz in Klasse I | Steuersatz in Klasse II | Steuersatz in Klasse III |
75.000 € | 7 % | 15 % | 30 % |
300.000 € | 11 % | 20 % | 30 % |
600.000 € | 15 % | 25 % | 30 % |
6.000.000 € | 19 % | 30 % | 30 % |
13.000.000 € | 23 % | 35 % | 50 % |
26.000.000 € | 27 % | 40 % | 50 % |
Mehr | 30 % | 43 % | 50 % |
Freibeträge in der Erbschaftssteuer
In der Erbschaftssteuer sind Freibeträge solche Beträge, die nicht besteuert werden. Sie sollen Hinterbliebene vor finanziellen Belastungen durch den Todesfall bewahren. So tritt die nach dem Wert des Erbes gestaffelte Besteuerung erst dann ein, wenn das vererbte Vermögen den Freibetrag übersteigt. Die Höhe des Freibetrags richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad.
Personengruppe | Freibetrag | Steuerklasse |
Ehegatten/Lebenspartner (in eingetragener Partnerschaft) | 500.000 € | I |
Kinder sowie Stief- und Adoptivkinder und Enkel, deren Eltern verstorben sind | 400.000 € | I |
Enkelkinder | 200.000 € | I |
Urenkel, Eltern und Großeltern | 100.000 € | I |
Geschwister, Nichten und Neffen | 20.000 € | II |
Geschiedene Ehepartner, getrennte Lebenspartner | 20.000 € | II |
Schwiegerkinder, Schwiegereltern und Stiefeltern | 20.000 € | II |
Alle anderen Empfänger | 20.000 € | III |
Der Freibetrag wird in bestimmten Fällen durch den Versorgungsfreibetrag ergänzt. Dieser richtet sich an Ehepartner, Lebenspartner in eingetragener Partnerschaft sowie Kinder, Stiefkinder und Enkel mit verstorbenen Eltern. Dieser stellt einen zusätzlichen Schutz für die Hinterbliebenen dar und schützt dieser vor mit dem Todesfall in Verbindung stehenden finanziellen Schwierigkeiten.
Empfänger | Freibetrag |
Ehegatten und Lebenspartner | 256.000 € |
Kinder bis 5 Jahre | 52.000 € |
Kinder zwischen 6 und 10 Jahren | 41.000 € |
Kinder zwischen 11 und 15 Jahren | 30.700 € |
Kinder zwischen 16 und 20 Jahren | 20.500 € |
Kinder zwischen 21 und 27 Jahren | 10.300 € |
Beispiel:
Eine 25-jährige Tochter erbt ein Vermögen von 450.000 Euro. Sie gehört somit der Steuerklassen I an, der persönliche Freibetrag beläuft sich in dem Fall auf 400.000 Euro. Zudem profitiert sie von einem Versorgungsfreibetrag von 10.300 Euro. Außerdem verringern die Erbfallkosten (Pauschalbetrag von 10.300 Euro) das zu versteuernde Erbe. Der zu besteuernde Betrag beläuft sich im Endeffekt also auf 29.400 €. Da der Freibetrag – der aus dem zu besteuernden Erbe „herausgerechnet“ wird –, liegt das zu besteuernde Erbe im Bereich „bis 75.000 Euro“, sodass das Erbe mit 7 % besteuert wird. Die zu zahlende Erbschaftssteuer liegt demnach bei 2.058 Euro.
Erbschaftssteuererklärung und Erbschaftsteuerbescheid
Wenn Sie in Deutschland erben, sind Sie dazu verpflichtet, dies dem Finanzamt zunächst anzuzeigen (§ 30 Abs. 1 ErbStG) und – wenn Sie vom Finanzamt dazu aufgefordert werden – eine Erbschaftssteuererklärung abzugeben. Nach Eingang der Erbschaftssteuererklärung erlässt das Finanzamt einen Erbschaftsteuerbescheid, der Sie über die Höhe der Erbschaftssteuer informiert.
Gerade in komplexen Erbfällen ist die Anfertigung der Erbschaftssteuererklärung nicht immer einfach. Die Verantwortung, bei der Erbschaftssteuer richtige Angaben zu machen, liegt in erster Linie beim Erben. Das Unterlassen von Angaben bzw. inkorrekte Angaben können steuerrechtliche oder sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das Steuerstrafrecht unterscheidet hier zwischen Fahrlässigkeit, leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 378 AO nach und vorsätzlicher Steuerhinterziehung nach § 370 AO.
Um unvollständige Informationen oder eine fehlerhafte Bewertung der Vermögenswerte zu vermeiden, empfehle ich Ihnen, mich als Steueranwalt zu konsultieren und sich zur Erbschaftssteuer beraten zu lassen. Unter anderem überprüfe ich den Erbschaftsteuerbescheid und lege im Zweifelsfall Einspruch gegen den Steuerbescheid ein.
Möglichkeiten der Steueroptimierung im Erbschaftsteuergesetz – Schenkungen, Nießbrauch etc.
Schenkungen zu Lebzeiten stellen eine zulässige Strategie dar, um später Erbschaftssteuern zu sparen. Schenkungen bieten die Möglichkeit, alle zehn Jahre eine bestimmte Summe ohne Besteuerung zu übertragen. Die Schenkungssteuer ist eng mit der Erbschaftssteuer verbunden, sodass hier dieselben Steuerklassen und Steuersätze gelten, wie sie im Erbschaftsteuergesetz festgelegt sind. Ebenso gelten dieselben Freibeträge. So kann Vermögen in regelmäßigen Abständen steueroptimiert übertragen werden.